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Microbrasserie Barbemousse

Die Bierlandschaft der normandie

Meine Urlaube drehen sich zwar nicht von vorne bis hinten ums Bier, die ein oder andere lokale Brauerei versuche ich jedoch immer mitzunehmen. Die Bierszene der Normandie war mir bis zu meinem letzten Urlaub dort eher unbekannt. Ich war dann ziemlich geflasht, als mir die Vielfalt der lokalen Brauereien auf den ganzen Märkten, in den Supermärkten und den kleinen Spezialitätenläden entgegenschlug. Zudem muss ich sagen, dass die meisten normannischen Biere, die ich probieren konnte, wirklich gut waren.

Aktuell gibt es in der Region bereits über 100 Brauereien, wobei es sich in den meisten Fällen um Craft- und Microbrauereien handelt. Auffallend ist die Stilvielfalt, die man dort begegnet und wie im deutschen Raum praktisch jede Brauerei ihr Pils oder ihr Helles anbietet, so findet man in der Normandie praktisch bei jeder Brauerei eine Ambrée oder eine Rousse - I like!

microbrasserie barbemousse

Dass ich gerade bei der Microbrauerei Barbemousse aufgeschlagen bin, war reiner Zufall. Es hatte sich an einem Samstagnachmittag unverhofft ein Zeitfenster aufgetan und die Brauerei, gelegen auf einem kleinen Bauernhof in Bonnemaison, war verhältnismäßig nahe an meiner Gîte. Witzigerweise war der Besuch in Retrospektive ein kleines Highlight, aber das sind die unverhofften Erlebnisse, die sich aus einer reinen Laune heraus abspielen, ja oft!

Die Brauerei besteht seit Juni 2019 und befindet sich in einem alten Bauernhof. Ein zentraler Aspekt des Projektes ist die Nachhaltigkeit, so wird das Bier z.B. lediglich in einem Unkreis von ca. 30km vermarktet und der Treber zum Futter für die hofeigenen Hühner. Der ökologische Fußabdruck soll so gering wie möglich sein, wobei das ultimative Ziel die 100%ige klimaneutralität darstellt. Außerdem hat sich Mathieu Walon, der Kopf hinter der Brauerei, dem Slow Brewing verschrieben. Es werden also eher kleine Sude gebraut, denen man die Zeit zum Reifen zugesteht. Mathieu hat das Brauen selber erst seit 2015 in der kleinen Brauerei Riva in Ouistreham gelernt, wo er mehrere Jahre als freiwilliger Helfer mitgebraut hat. Den Schritt zu eigenen Brauerei begrüße ich total, denn die Biere, die ich probieren durfte, waren ganz großes Kino!

Im ersten Moment erscheint die Brauanlage etwas improvisiert. Das ist sie auch, keine Frage. Sie ist jedoch auch smart. Mathieu nutzt die Vorteile des alten Bauernhauses mit seinen kühlen Räumlichkeiten und der Mehrstöckigkeit für den optimalen Brauvorgang. Was mir persönlich besonders gut gefällt, ist dass so viel originale Bausubstanz erhalten wurde und diese aktiv das Gesamtbild mitgestaltet. Der Begriff "Hofbrauerei" bekommt eine ganz neue Dimension, wenn man teile der Brauanlage in einer alten Stallung stehen sieht! Was ich zudem hervorheben muss: Obwohl die Brauerei sich in dem alten Bauernhof befindet, ist sie unfassbar sauber!

die biere

Die Bierpalette der Microbrasserie Barbemousse ist für die Normandie schon etwas besonderes. Mit dem Pression Soci Ale haben wir ein Brown Ale, l'Embrumée ist ein tolles Rauchbier auf Red Ale Basis und bei der Moussette handelt es sich um ein juicy Rye Ale. Das sind nur wenige Beispiele der breit aufgestellten Produktpalette, die saisonal natürlich stark variiert!

Verkostungsnotiz: L'Embrumée

Bei der Embrumée handelt es sich um ein Amber Smoky Ale, also eine Ambrée mit Rauchmalz. Das Bier kommt mit gefährlich gut verpackten 8% Vol. daher - ich habe das erst während der Verkostung gecheckt und war echt schockiert, wie drinkable das Bier hierfür ist. Der Schaum ist leicht beige getönt, stabil und zeigt sich fein- bis mittelporig. Farblich haben wir ein trübes, dunkles Braun mit rötlichem Schimmer. In der Nase vernehme ich v.a. Rauchnoten und toastige Malzgerüche. Das Bier ist mittelstark karbonisiert und hat einen mittleren Körper, hier bewegt sich alles im Rahmen. Geschmacklich dominiert eine leichte Süße, gepaart mit einer dezenten Bittere. An der Aromenfront macht sich zu allererst die Rauchnote breit, auch wenn diese im Mund nicht mehr so dominant ist, wie in der Nase. Dazu gesellen sich kräftige Aromen von Toast und Bisquit, Wiener Malz lässt grüßen! Im nächsten Schluck erweitert sich das Profil um frische Gerste, Brotkruste und eine sehr dezente, kräutrige Hopfennote. Das Bier trifft zu 100% meinen Geschmack, ist jedoch auch ein tolles Bier für Leute , die mit Rauchbier bislang nicht viel Erfahrung haben. Es ist eine wahre Geschmacksexplosion, hält jedoch stets die Balance zwischen den unterschiedlichen Aromen und Geschmäckern. Ein wirklich tolles Bier!

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